Mittwoch, 29. Februar 2012

Aufruf zu Gegenprotesten am 10.03. in Dessau

Egal wieviele Jahre später – Nazis sind die wahren Täter


In Dresden sind sie Geschichte, in Dessau wollen sie sie verdrehen – am 10.03. werden wieder Neonazis durch Dessau ziehen und versuchen die Bombardierung der Stadt im Zweiten Weltkrieg für ihre Ideologie umzudeuten.


Bereits seit 2005 organisieren Neonazis ihren „Trauermarsch“ im „Gedenken an die Bombardierung“ Dessaus im Jahr 1945. In den Vergangenen Jahren war dabei ihre verquere Sicht auf die Geschichte und das „Gedenken“ an die deutschen „Opfer“ der Niederschlagung des Nationalsozialismus der fragwürdige Anlass des Aufmarsches. Doch nicht nur deswegen müssen wir uns ihnen auch in diesem Jahr entgegenstellen und gegen sie protestieren…:


Die Ereignisse in Dessau in den letzten Wochen und Monaten zeigen deutlich, wie wichtig und notwendig dort ein antirassistisches aber auch ein antifaschistisches Engagement ist. Auch wenn wir nicht wirklich auf die Hilfe der Stadt und des Dessauer „Netzwerks Gelebte Demokratie“ (NGD) hoffen, die zuletzt eher durch Sorge um das Stadt-Image auffielen, als durch aktive Arbeit an den Missständen in der Muldestadt, wollen wir alles versuchen, den Neonazis das „Trauern“ so schwer wie möglich zu machen. Die offensichtliche Spaltung der sogenannten Zivilgesellschaft in der Stadt lehnen wir zwar ab, da wir für einen breiten antifaschistischen Konsens stehen wollen, aber im Moment sehen wir nicht, dass eine Überwindung dieser Spaltung von der Stadt oder vom NGD gewünscht ist. Wir wollen nicht das Feigenblatt einer reinen Symbolpolitik und Imagekosmetik sein. Wer denkt, er kann vom Markt aus ein Zeichen gegen Rechts setzen, der irrt! Aber wir freuen uns auf jede/n, die/der mit uns gegen die Neonazis stehen will und hoffen, dass die Spaltung der Zivilgesellschaft bis zu den nächsten „Trauermärschen“ – ja, es wird sie geben, solange wir sie nicht vollständig blockiert haben – überwunden wird. Wir hoffen aber trotzdem, dass sich viele beteiligen werden um nicht nur den Neonazis ein lautes „raus, raus, raus“ entgegenzubrüllen, sondern auch den Akteuren vom NGD zu zeigen, dass es vielfältige Aktionsformen sind, die als richtig und notwendig anerkannt werden (müssen).


Selbst wenn Blockaden nicht möglich sein sollten – sie gelangen in den letzten Jahren, bis auf zeitliche Verzögerungen nicht entscheidend –sollte uns das nicht davon abhalten alles in unserer Macht stehende zu unternehmen, gegen Geschichtsfälschung und Revisionismus ein lautes und gut sichtbares Zeichen zu setzen. Deshalb wollen wir am 10. März den Neonazis unser Transparent mit dem Spruch „Egal wieviele Jahre später – Nazis sind die wahren Täter“ an möglichst vielen Orten ihrer Demoroute entgegenhalten. Wer will kann es sich hier herunterladen und selber noch basteln.


Kommt am 10.3. nach Dessau, seid laut, seid bunt, stellt euch den Nazis in den Weg wo es geht. Naziaufmarsch zum Debakel machen!


Wir treffen uns 10:30 Uhr am Hauptbahnhof in Dessau


Linksjugend [’solid] Magdeburg & SDS.Die Linke Magdeburg


P.S.: Meldet euch bei uns für eine gemeinsame Anreise!

Dienstag, 28. Februar 2012

Filmreihe "World Cinema" - 14. März bis 11. April


Deckblatt
World Cinema
Die Dinge anders sehen


14. März - Wadim
19.00 Uhr | Eine-Welt-Haus, Schellingstraße 3-4
im Anschluss: Infocafé mit Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt e.V., Auslandsgesellschaft Sachsen-Anhalt e.V. und weiteren AkteurInnen der Bereiche Migrations-, Integrations- und Asylpolitik.


21. März - Waltz with Bashir
19.00 Uhr | Eine-Welt-Haus, Schellingstraße 3-4


28. März - Zug des Lebens
19.00 Uhr | Cafète SJD-Die-Falken, Porsestraße 17


11. April - Der Pakt mit dem Panda
20.00 Uhr | Café Central, Leibnizstraße 34
im Anschluss: Gespräch mit Regisseur Wilfried Huisman


Für weitere Informationen einfach auf die Grafiken klicken :-)!
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Wadim


Waltz with Bashir


Der Pakt mit dem Panda


Zug des Lebens


Rückseite

Sonntag, 26. Februar 2012

2. ACTA-Demo am 25.02.2012

Fotos, Videos und Reden
























Eröffnungsrede
von Robert Fietzke

Hallo.



Mein Name ist Robert Fietzke und ich habe diese Demonstration hier angemeldet. Wie schon am vorvergangenen Wochenende, als über 600 in Menschen in Magdeburg dabei waren, hat sich eine kleine Gruppe zusammen getan, das hier zu organisieren. Wir gehen heute erneut gegen ACTA auf die Straße, zusammen mit tausenden von anderen Menschen in Europa.



Kurz vor dem letzten europaweiten Protesttag gegen dieses Abkommen namens ACTA versuchte die Bundesregierung, den drohenden massiven Protesten den Wind aus den Segeln zu nehmen. Sie erklärten, sie würden ACTA nicht unterzeichnen. Trotzdem waren 100.000 Menschen auf der Straße, in Europa insgesamt 200.000 Menschen.



Zwei Tage später verkündete Regierungssprecher Steffen Seibert dann, das Vertragswerk sei "notwendig und richtig" und bringe "keine der Gefahren mit sich, die derzeit beschworen werden. Wir sehen in diesem ACTA-Übereinkommen einen wichtigen Schritt, um den internationalen Rechtsrahmen für die Bekämpfung von Produkt- und Markenfälschungen zu schaffen."



Währenddessen machte die EU-Kommission von sich reden und unterstellte den Demonstranten undemokratische Motive. Im Wortlaut hieß es: “Aber es werde letzlich schwer fallen, die organisierte Zivilgesellschaft damit [also mit ACTA] zu überzeugen. Dort würden oft Interessen vertreten, die nicht der breiten Gesellschaft entsprächen. Hier seien gezielte Aktivitäten zu beobachten, die nicht immer den vorgeblich demokratischen Absichten gerecht würden”. und weiter „“ACTA-Gegner versuchen, gegen das Abkommen zu mobilisieren, um die restlichen Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament zu beeinflussen.”



Gezielte Aktivitäten? Vorgebliche demokratische Absichten? Natürlich sind unsere Absichten demokratisch! Wir machen uns Sorgen um die Demokratie. ACTA ist entstanden in unzähligen Hinterzimmerverhandlungen, vorbei an irgendwelchen demokratisch legitimierten Institutionen oder Verfahren. Das Abkommen ist aus der Feder zahlreicher Multikonzerne und Unternehmen der Medienindustrie, die damit nur ihre eigenen Interessen durchsetzen wollen, ihre Gewinne sichern wollen. Ihnen geht es überhaupt nicht um den kleinen Urheber. Der hat davon nämlich gar nichts!



ACTA werden folgende Dinge vorgeworfen:

1. Konzerne könnten das Internet zensieren, indem sie Provider zur Onlineüberwachung von Datenverkehr verpflichten. ACTA würde somit massiv Meinungsfreiheit und andere Grundrechte angreifen und den freien Zugang zu Informationen verwehren.

2. Es würde harte Strafen geben für sogenannte Urheberrechtsverletzer, die angeblichen geschäftlichen Schaden anrichten. Das kann schon passieren, wenn man ein Partyvideo hoch lädt und im Hintergrund geschützte Musik läuft.

3. Das Abkommen ist völlig undemokratisch ausgehandelt worden und allein aus diesem Grund schon abzulehnen

4. Lebensrettende und billigere Generika, also Plagiate von Medikamenten, würden ebenfalls unter diesen neuen Urheberrechtsschutz fallen und somit vom Markt verschwinden. Dies würde ganz real Menschenleben kosten

5. Ebenso wäre generisches Saatgut verboten, Bauern hätten damit ein massives Problem

6. Der Text im ACTA-Abkommen ist so was von schwammig, dass keinerlei europäische Rechtsstandards eingehalten wären. Der Text lässt außerdem zahlreiche Hintertüren offen – und genau darum geht es uns!



ACTA zu verstehen ist nicht leicht. Hinzu kommt, dass viele Passagen aus einer Zeit stammen, in der es noch gar kein Internet gab. Die Medienindustrie und somit die Rechteverwertungsindustrie sieht sich, seitdem es das Internet gibt, großen finanziellen Einbußen und Nachteilen ausgesetzt. Dass das Internet von vielen einflussreichen Menschen mit Argwohn beäugt wird, erleben wir hier ständig und nicht erst seit ACTA.



Das Internet gehört mittlerweile zur Lebenswelt der meisten Menschen. Niemals war es so einfach, sich breit und intensiv über unsere Welt zu informieren. Niemals war es so einfach, Wissen mit anderen zu teilen, Wissen zur Verfügung zu stellen und Wissen zu beziehen. Dies hat eine Reihe kleinerer Revolutionen auf den Weg gebracht. Manche behaupten, es gäbe die „digitale Revolution“ schon längst. Doch auch bei herkömmlichen Revolutionen ist das Internet zumindest ein entscheidendes Tool, wenn wir zum Beispiel nach Tunesien blicken.



Vielleicht ist es auch genau das, wovor die Regierenden Angst haben? Haben sie Angst vor immer informierteren Menschen, die aufgrund des gesteigerten Wissens immer häufiger auf die Straße gehen, um zu protestieren?  



Fakt ist eins: Sie verstehen uns nicht. Sie wissen nicht, wie das alles funktioniert. Sie wissen nicht, warum uns das so viel bedeutet. Sie verkennen die demokratischen Veränderungspotentiale. Manchmal kann man nur das Bild gewinnen, dass wir es hier mit der geballten Inkompetenz zu tun haben.



Wisst ihr, wie über uns geredet wird? Man nennt uns jetzt neuerdings „Netzgemeinde“. Netzgemeinde. Das hat etwas verschworenes, subversives, sektenhaftes. Innenminister Friedrich nahm das letztens in den Mund, als er seinen CDU-Kollegen Heveling in Schutz  nehmen wollte. Dieser hatte die ACTA-Gegner als „digitale Maoisten“ bezeichnet und gedroht: „Liebe Netzgemeinde, ihr werdet den Kampf verlieren“. Einen besonderen Geschwurbel-Leckerbissen, bei dem einem schlecht werden kann, möchte ich euch nicht vorenthalten:



„Wenn wir nicht wollen, dass sich nach dem Abzug der digitalen Horden und des Schlachtennebels nur noch die ruinenhaften Stümpfe unserer Gesellschaft in die Sonne recken und wir auf die verbrannte Erde unserer Kultur schauen müssen, dann heißt es, jetzt wachsam zu sein. Also, Bürger, auf zur Wacht! Es lohnt sich, unsere bürgerliche Gesellschaft auch im Netz zu verteidigen!“



Heveling sitzt für die CDU im Bundestag und ist – man möchte es eigentlich gar nicht hören – Mitglied der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft.



Ein noch aktuelleres Beispiel für Unwissenheit und Ignoranz gab es gestern im Landtag. DIE LINKE brachte einen Antrag namens „ACTA stoppen – Transparenz herstellen“ ein. Der Antrag wurde mit den Stimmen der Regierungskoalition abgelehnt.


Ich fasse das mal zusammen: ACTA-Gegner, also wir, haben angeblich keine Ahnung und sind sowieso alles Internetgauner, während uns Leute, die an Inkompetenz nicht zu überbieten sind, weismachen wollen, ACTA sei total ungefährlich. Man spricht uns nicht nur unser Recht auf Protest ab, sondern auch die Fähigkeit, selbständig zu denken und die Dinge einzuschätzen.



Heute nehmen wir aber von unserem Recht auf Protest Gebrauch – und das ist genau richtig so!



Abschlussrede (Infoflyer)

von Deejay Lockie

Liebe ACTA-Gegnerinnen und -Gegner,

heute haben schon einige Menschen zu den Details von ACTA gessprochen und auch die undemokratische Entstehung vollkommen zu Recht kritisiert. Ich möchte deshalb gern noch ein paar Worte zum Kontext und zum eigentlichen Hintergrund von ACTA beitragen.

ACTA - das ist nicht nur das Ende von Musikdownloads und Youtube.
ACTA ist nicht nur Lobbyismus und ein weiterer Schritt zum Ende der Demokratie.
ACTA ist eine Enteignung der Menschen und eine weitere Unterwerfung digitaler Lebensbereiche unter die Profitmaschinerie!

Wir leben in einer Zeit in der Musik zunehmend kostenlos vervielfältigt werden kann und durch die Masse der Verkäufe demzufolge eher preisgünstiger als teurer werden sollte. Klar: Ein CD-Rohling kostet Geld und auch die Instrumente der Musikerinnen und Musiker müssen bezahlt werden. Und natürlich ist es auch erforderlich, dass diese Leute genug Geld verdienen, um menschenwürdig leben zu können. Aber rechtfertigt dies alles CD-Preise von 15 bis 20 Euro oder wer verdient wirklich an diesen horrenden Preisen?

Wie kann es sein, dass ein und derselbe Film zur selben Zeit in einigen deutschen Kinos 14 Euro kostet und in anderen sieben? Wer schlägt diese hohen Aufschläge drauf?

Das Zauberwort in diesem Zusammenhang lautet Besitz. Besitz an Eigentumsrechten. Besitz an geistigem Eigentum. Besitz an Vermarktungsrechten. Besitz, Besitz, Besitz. 

Doch warum besitzen einige Menschen und große Konzerne überhaupt die Rechte an all diesen Dingen? Warum dürfen diese kleinen Gruppen darüber bestimmen, wer sich etwas in unserer Gesellschaft legal aneignen kann und wer nicht? Wer hat darüber entschieden?

Wenn eine Band einen Plattenvertrag bekommt, wird sie in den meisten Fällen gezwungen, all ihre Songs wenigstens anteilig an die Plattenfirmen zu überschreiben. Da der Mensch, der eine coole Idee für einen Film hat, diesen nicht selbst drehen kann, wendet er sich an eine große Produktionsfirma und verkauft sein Drehbuch für einen im Verhältnis zu den späteren Gewinnen lächerlichen Betrag.

Der wahre finanzielle Gewinn geht eben nicht an die Künstlerinnen und Künstler, deren geistiges Eigentum wir bewundern dürfen, sondern an die Vermarktungs- und Produktionsmaschinierie, die dahinter steht! Viele Künstlerinnen und Künstler, aber auch viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die dieselben Probleme tagtäglich bei Publikationen erleben, haben das erkannt und fordern ein anderes Urheberrecht, welches Open Access statt Kontrolle durch Wenige einfordert.

Um es noch mal ganz deutlich zu sagen: Es geht um Geld. Es geht um sehr viel Geld – nicht für Künstlerinnen und Künstler, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, sondern vor allem um die Organisationen, die den Zugang zu diesem Wissen verwalten und nach ihrem Belieben beschränken. Nur diese wollen ACTA und haben es geschaffen.

Das Internet hat es ermöglicht diese Schranken zumindest teilweise zu umgehen. Das Internet schaffte den Rahmen, sich Profitgier in Milliardenhöhe zu verweigern und sich das geistige Eigentum der Menschheit als Bürgerin und Bürger ohne finanzielle Schranken wiederanzueignen.

Und was bei Kulturgütern durchgesetzt werden soll, hört dabei ja noch lange nicht auf: Genstrukturen von Nahrungsmitteln werden patentiert und damit allgemeiner Nutzung ohne Gebührenverordnung entzogen. Menschen sterben unnötigerweise zu Tausenden an Seuchen, weil billige Generika durch die großen Pharmakonzerne gesperrt werden, um ihre Profite weiter zu steigern. Auch dagegen und gegen die vielen anderen Formen der Kommerzialisierung unseres Lebens muss sich unser Protest richten!

Doch wenn wir dieses Problem lösen wollen, wenn wir nicht nur ein, zwei Gesetzesvorhaben verhindern, sondern das wirkliche Problem lösen wollen, nämlich dass es nicht mehr um Kunst und Wissen geht und den breitestmöglichen Zugang für alle Menschen zu diesen Gütern, sondern um die Frage wie Kunst und Wissen am meisten Geld abwerfen, dann müssen wir uns gegen die kapitalistische Verwertungslogik an sich wehren. Dann müssen wir sagen: Wissen dient dem menschlichen Fortschritt und nicht der Bereicherung weniger, es gehört uns allen und muss deshalb einer demokratischen Kontrolle unterstellt werden und nicht kapitalistischen Verwertungsinteressen!

Let’s fight – burn Copyright! ACTA verhindern, Kapitalismus überwinden!

Samstag, 25. Februar 2012

2. Anti-ACTA-Demo - mehr als 800 Menschen erneut auf der Straße

-Pressemitteilung-
Linksjugend ['solid] Magdeburg & SDS.Die Linke Magdeburg




Magdeburg, 25. Februar 2012: 2. Anti-ACTA-Demo - mehr als 800 Menschen erneut auf der Straße


Mit noch mehr TeilnehmerInnen, als noch vor zwei Wochen, konnte die heutige Anti-ACTA-Demonstration in Magdeburg aufwarten. Zeitweise befanden sich bis zu 1000 Menschen im Demonstrationszug. Organisiert wurde die Versammlung zum wiederholten Mal von Linksjugend ['solid] & SDS.Die Linke Magdeburg sowie einigen InternetaktivistInnen, die sich vorwiegend über Facebook und Twitter vernetzten.


„Das Internet gehört mittlerweile zur Lebenswelt der meisten Menschen. Niemals war es so einfach, sich breit und intensiv über unsere Welt zu informieren. Niemals war es so einfach, Wissen mit anderen zu teilen, Wissen zur Verfügung zu stellen und Wissen zu beziehen.“ erläuterte der Versammlungsanmelder Robert Fietzke. Nach einigen Erläuterungen zum ACTA-Abkommen eröffnete er die Demonstration mit den Worten: „Ich fasse das mal zusammen: ACTA-Gegner, also wir, haben angeblich keine Ahnung und sind sowieso alles Internetgauner, während uns Leute, die an Inkompetenz nicht zu überbieten sind, weismachen wollen, ACTA sei total ungefährlich. Man spricht uns nicht nur unser Recht auf Protest ab, sondern auch die Fähigkeit, selbständig zu denken und die Dinge einzuschätzen. Heute nehmen wir aber von unserem Recht auf Protest Gebrauch – und das ist genau richtig so!“ Dabei bezog er sich auf die im Vorfeld bekannt gewordenen Diffamierungen der ACTA-GegnerInnen durch beispielsweise die EU-Kommission oder RegierungspolitikerInnen wie Ansgar Heveling (CDU).


 Die heutige Demonstration war eine von über 150 in ganz Europa. Sie verlief ohne Zwischenfälle. Zahlreiche Sprechchöre, unter denen „Alle woll’n dasselbe, ACTA in die Elbe“ erneut der beliebteste war, waren in der Magdeburger Innenstadt zu hören. Gegen 17.00 wurde die Abschlusskundgebung am Willy-Brandt-Platz eröffnet. Eine halbe Stunde später endete die Demonstration unter viel Beifall. Die VeranstalterInnen bedanken sich bei allen TeilnehmerInnen, OrdnerInnen und Beteiligten. „Besonders beeindruckend ist, wie viele junge Leute und Schüler heute wieder auf der Straße waren. ACTA politisiert“ , so einer der Organisatoren abschließend.

Mittwoch, 22. Februar 2012

Aufruf zu zweiter Anti-ACTA-Demonstration in Magdeburg


25. Februar
15.00 Uhr Hauptbahnhof / Willy-Brandt-Platz
Abschlusskundgebung ca. 18.00 Uhr

    ACTA ist in aller Munde. Die Proteste am vorvergangenen Wochenende waren groß, der Widerstand gegen ACTA ist enorm. Doch nur die Wenigsten können erklären, was ACTA meint, was ACTA will und was ACTA bewirken würde.

    ACTA ist ein zwischenstaatliches Abkommen, welches internationale Standards in Bezug auf geistige Eigentumsrechte und die Durchsetzung dieser festlegen soll. In seiner Genese sei es maßgeblich beeinflußt von Konzernen, Industrie und Unternehmen der Medien- und Unterhaltungsbranche, wird ihm vorgeworfen. Dies ist bereits der erste große Kritikpunkt: kein Mensch weiß, wer beteiligt gewesen ist/war am Aushandeln des Abkommens. Niemand kann nachvollziehen, wie ACTA zustande gekommen ist, wer hinter dem Text steht und was die AkteurInnen mit ACTA bezwecken. 

    Der Vertragstext an sich ist der zweite Angriffspunkt. Er lässt die UnterzeichnerInnen im Unklaren, welche Auswirkungen ACTA letztendlich wirklich hat. Es wird vermutet, dass ACTA großfächige Auswirkungen auf den gesamten internationalen Handelsverkehr haben könnte, ihn schädigen könnte, Innovationen tötet, Datenschutz weitreichend abbaut, Meinungsfreiheit einschränkt und den Zugang zum Internet sowie zu Kultur als Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge erschwert, wenn nicht behindert.

    Das Demokratiedefizit ACTAs macht sich konkret fest am un- oder antidemokratischen Entstehungsprozess. In Hinterzimmern und fernab demokratisch legitimierter Strukturen ausgehandelt, wurde und wird es nun den UnterzeichnerInnenstaaten sowie dem EU-Parlament vorgelegt. Zur Durchsetzung des Abkommens solle ein "ACTA-Ausschuss" eingerichtet werden, dessen Mitglieder weder gewählt noch gebunden an irgendwelche Legitimations- und Rechenschaftspflichten sind. Die EU-Kommision hat bis heute keine Folgenabschätzung vorgenommen, obwohl bereits die ersten Staaten wie Polen oder Lettland auf eine Unterzeichnung und Ratifizierung verzichteten, eben weil unklar ist, welche Auswirkungen ACTA konkret hätte.

    ACTA steht, neben der un- oder antidemokratischen Entstehungs- und Ratifizierungsgeschichte, im Verruf, massiv Grundrechte wie Meinungsfreiheit oder informationelle Selbstbestimmung einzuschränken. ACTA würde als Abkommen zur Durchsetzung von Urheberrechten gar über diesen Grundrechten stehen - und das geht ja mal gar nicht. Das hört sich vielleicht abstrus an, funktioniert aber ganz einfach. ACTA verpflichtet Dritte, wie zum Beispiel Internet-Provider, zur Überwachung des Datenverkehrs auf Urheberrechtsdelikte oder ähnliches. Diese Unternehmen sind bereits ihrer Anlage nach nicht in der Position oder Rolle, über Meinungsfreiheit und andere beschnittene Grundrechte zu befinden. Sie setzen das Abkommen und die entsprechenden Interessen durch, nichts anderes.

    Nicht zuletzt soll noch einmal auf den Vertragstext eingegangen werden. Dieser ist selbst dem Europäischen Parlament zu vage. Es stellt in einer Studie fest, dass Rechtsunklarheit besteht, die nicht vereinbar ist mir europäischen Rechtsstandards. Konkret heißt es, dass "eine uneingeschränkte Zustimmung eine unangemessene Reaktion des Europäischen Parlaments wäre, angesichts der Probleme, die in der jetzigen Fassung des ACTA-Abkommens identifiziert wurden”. Ferner sei unklar, ob das Abkommen signifikante Vorteile für die UrheberInnen und EU-BürgerInnen biete, die über die bereits bestehenden internationalen Standards und Regelungen hinaus gehen.

    Am 01. März gibt es eine öffentliche Anhörung im EU-Ausschuss für internationalen Handel. Wir müssen jetzt laut sein und massiv protestieren. ACTA darf unter keinen Umständen ratifiziert werden. 
    Geht am 25. Februar auf die Straße und äußert eure Meinung! 

    Wir haben die Demonstration bereits angemeldet. Sie darf auch so durchgeführt werden, wie angemeldet. Es gibt wieder Mucke auf die Ohren sowie ein offenes Mikrofon zuverlässige OrdnerInnen. Bitte meldet euch bei uns und macht mit.
    Seid bunt, seid laut, seid kreativ, wir sehen uns am Samstag!

    >>> Facebook-Veranstaltung: https://www.facebook.com/events/107669256027125/ bereits über 1300 Zusagen! 

     >>> Facebook-Seite: https://www.facebook.com/pages/ACTA-Demo-Magdeburg/328268583880904

    [Ausschlussklausel]
    Von der Veranstaltung ausgeschlossen sind Personen, die die Versammlung und ihren Ablauf gröblich stören. Das subjektive Bedrohungsgefühl kann dieses Kriterium erfüllen.

    Die bizarre Welt der Kristina Schröder

    von Sebastian Lucke, Landessprecher Linksjugend [‘solid] BaWü:veröffentlicht am 21.02.2012 auf http://solidbw.wordpress.com/2012/02/21/die-bizarre-welt-der-kristina-schroder/

    Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und selbsternannte „Expertin“ in politischen Extremismusfragen glänzte in der Vergangenheit bereits mit einigen Höchstleistungen an fachlicher Inkompetenz:

    Die Überwachung der Partei DIE LINKE durch den Verfassungsschutz findet sie absolut gerechtfertigt, da Teile der Partei, ihrer Meinung nach, die freiheitliche Grundordnung in Frage stellen, obgleich z.B. im Grundgesetz der Kapitalismus nirgendwo als alleinige Wirtschaftsform verankert ist bzw. die Vergesellschaftung von Produktionsmitteln ausdrücklich möglich wäre.

    Die linke Tageszeitung „Neues Deutschland“ charakterisierte Frau Schröder ebenfalls als linksextrem, die diese gelegentlich Beiträge mit entsprechenden Bezügen zur LINKEN aufweist.

    Des Weiteren führte sie Anfang 2011 eine Extremismusklausel bei der Förderung von Projekten gegen Rechtsradikalismus ein, in der alle Antragssteller, welche Gelder aus dem Fördertopf ihres Bundesministeriums erhalten wollen, eine Erklärung unterzeichnen müssen, dass sie sich zum Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland bekennen. Betroffene Vereine reagierten mit nachvollziehbarem Unverständnis, da ihre Arbeit der Aufrechterhaltung demokratischer Werte diene und dieses nicht durch ein Bekenntnis bekräftigt werden müsse.

    Hauptkritikpunkt an der Klausel ist und bleibt, dass antifaschistische Initiativen unter einen Generalverdacht des Linksextremismus gestellt würden, sowie Vereine gezwungen würden, für ihre Projektpartner zu bürgen und diese gegebenenfalls durch den Verfassungsschutz überprüfen zu lassen.

    Noch kurz vor dem Bekanntwerden des Rechtsterrorismus des NSU, setzte sich Schröder für eine Kürzung der Fördermittel gegen Rechtsradikalismus ein, was im Anschluss wieder zurück genommen wurde. Gleichzeitig intensivierte Schröder aber die „Förderung von Programmen gegen Linksextremismus“

    Den bisher absoluten Höhepunkt bildet aber das, von Kristina Schröders Ministerium geförderte, Modell-Projekt „Dortmund den Dortmundern“, indem 30 militante Neonazis zusammen mit 30 demokratischen Jugendlichen über die Zukunft Dortmunds diskutieren sollen, wo Neonazis somit eine direkte Bühne geliefert wird, auf der sie sich in Szene setzen können und ihre rassistischen Inhalte indirekt als „diskussionswürdig“ geadelt werden.

     Bisher zeigt sich das Bundeministerium davon völlig unbeeindruckt. Die Fördersumme bleibt bis auf weiteres bestehen. Durch das Bundesprogramm „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“ fließen somit Gelder [übrigens 300.000€] in ein Projekt, bei dem Nazis ohne Vorbehalte über die Entwicklung „ihrer Stadt“ diskutieren dürfen.

     Es bleibt somit ernsthaft zu fragen, ob Frau Schröder hier bewusst ihrem Gewissen nach handelt oder ob sie an einer angeborenen Links-Rechts-Schwäche leidet und somit einfach inkompetent für ihr Amt ist.

    Dienstag, 21. Februar 2012

    Der Missbrauch des "Zukunftsdialogs" durch rechte Kräfte

    Die NPD drängt ins Bundeskanzleramt

    Seit dem 1. Februar sind Bürgerinnen und Bürger dazu aufgerufen auf einer Onlineplattform Vorschläge für eine lebenswertere Zukunft zu machen. Der Dialog, unter Schirmherrschaft von Angela Merkel, wird dabei allerdings verdeckt auch durch rechte Kräfte instrumentalisiert.

    Der Zukunftsdialog

    Seit dem 1. Februar findet der sogenannte Zukunftsdialog unter der Ägide Angela Merkels statt. Bürgerinnen und Bürger werden aufgerufen Vorschläge für eine bessere Zukunft bezüglich dreier Fragen einzureichen und über sie abzustimmen.

    In den Kategorien »Wie wollen wir zusammenleben?«, »Wovon wollen wir leben?« und »Wie wollen wir lernen?« soll ergründet werden, wie sich beispielsweise der Zusammenhalt, das Wohnumfeld der Gesellschaft verbessern lässt, wie Beschäftigungsverhältnisse sicherer und dauerhafter gestaltet werden können oder welche Werte und Bewegungen als besonders lehrreich empfunden werden.

    Der Zukunftsdialog soll dabei genutzt werden, der Bundeskanzlerin, wie auch der Union, ein moderneres Image zu verleihen, bei dem eine Öffnung gegenüber den Wünschen und Ängsten der Bürger*innen, eine Dialogbereitschaft und der ungezwungene Umgang mit neuen Medien kolportiert werden soll. 
    Dabei ist der Zukunftsdialog nicht nur auf die Onlineplattform beschränkt. In drei Städten lädt die Kanzlerin zu »Bürgergesprächen« ein, bei denen 100 ausgewählte Bürger*innen in Kooperation mit regionalen Organisationen und der lokalen Presse geladen werden, die Vorschläge zu diskutieren.
    Die Statistik von über 5400 bereits akzeptierten Vorschlägen zeugt von einer scheinbar breiten Akzeptanz des Dialogs und kann bereits jetzt als medienwirksame Kampagne der Kanzlerin bezeichnet werden.

    Manipulationen

    Die Abstimmung über einen Vorschlag erfolgt ohne Registrierung, was die Hürde zum Abstimmen deutlich verringert, das Manipulationsrisiko allerdings erhöht. So wurde ironischer Weise der Vorschlag »Open Source statt schlechter Software« auf null zurückgesetzt und ein sogenannter Captcha eingeführt, da es zu massiver Manipulation kam. Die automatisierte massenhafte Abstimmung ist damit unterbunden. Die Möglichkeit zur Mehrfachabstimmung ist allerdings weiterhin gegeben.

    Spielwiese für Rechte

    Seit Beginn des Zukunftsdialos nutzen auch rechte Kräfte die Plattform, um ihrer Stimme Gehör zu verleihen. In der Kategorie »Wie wollen wir zusammenleben?« dominiert derzeit der Vorschlag »Offene Diskussion über den Islam« der insbesondere in Kreisen der PI News Zustimmung findet (Vgl.: Link). Eine schöne Analyse des Vorschlagstextes findet sich beispielsweise bei Arbia.

    Die NPD drängt ins Bundeskanzleramt

    Doch nicht nur die islamophoben Tendenzen sind im Zukunftsdialog unter den Vorschlägen präsent, sondern auch eindeutige NPD-Parteipolitik. Am 08. Februar hat der aus Völklingen stammende Landesvorsitzende der NPD Saarland und zuweilen Pressesprecher der Bundespartei, Frank Franz, den Vorschlag »Direktwahl des Bundespräsidenten« eingebracht, der bis dato mit über 10.000 Stimmen auf Platz 11 in der Kategorie mit den meisten Vorschlägen liegt.
    In der Beschreibung heißt es

    "Der Gesetzgeber möge die Voraussetzungen schaffen und beschließen, daß der Bundespräsident künftig mittels Direktwahl bestimmt wird. Dies wäre ein sinnvoller und konsequenter Schritt hin zu mehr Bürgerbeteiligung. Die Deutschen sollen selbst entscheiden dürfen, wen sie als ersten Mann im Staate haben möchten."

    und wurde den Themen »Bürgerbeteiligung und moderne Verwaltung« zugeordnet. Dieser Vorschlag ist Häme für eine/n jede/n DemokratIn, heißt es doch im NPD-Parteiprogramm in Artikel 3b:

    "Forderungen für eine politische Neuordnung

    Zentrale Eckpunkte einer politischen Neuordnung sind: die Festschreibung einklagbarer sozialer Grundrechte und der Grundpflichten, die Direktwahl des mit mehr Machtbefugnissen ausgestatteten Präsidenten der Deutschen durch das Volk und die Stärkung der Gesetzgebung durch Volksentscheide auf allen Ebenen. Dadurch wird die gemeinwohlschädigende Dominanz der Parteien zurückgedrängt und das Volk in seinen Rechten gestärkt."

    Erwartungsgemäß wird die NPD derzeit auch nicht müde für den Vorstoß ihres Funktionärs zu werben. Ein Blick in die Twitter-Timeline http://snapbird.org/?screen_name=@npdde&search=UNBEDINGT oder die Facebook-Seite https://www.facebook.com/npd.de des Bundesverbands macht überdeutlich, wie wichtig der NPD das Podium im Bundeskanzleramt ist.


    Öffentlichkeit schaffen

    Wir als Linksjugend ['solid] und SDS.Die Linke Magdeburg verurteilen das getarnte Manöver der Nationalsozialist*innen aufs Schärfste und möchten auf die Gefahren, die ein Klick bei dem Zukunftsdialog bedeuten kann, hinweisen. Wir nehmen nicht hin, dass die Nazis unter dem Deckmantel einer demokratisch interessierten Bürgerlichkeit einen längst überfälligen Dialog zwischen Mitbürger*innen und Politik für ihre totalitäre Ideologie missbrauchen. Nicht nur wie am Wochenende in Dresden gilt: Kein Fußbreit dem Faschismus!

    „Wir möchten ebenfalls betonen, dass die vorgetäuschte Dialogbereitschaft der Kanzlerin einzig und allein der zeitlichen Nähe zur nächsten Bundestagswahl geschuldet ist. Wir sehen den Zukunftsdialog dabei als wahlkampftaktisches Mittel, der Union eine höhere netzpolitische Kompetenz zuzuschreiben und erwarten nicht, dass signifikante und merkbare Veränderungen durch die Auswertung der Online-Erhebung erzielt werden. Aus unserer Sicht handelt es sich hierbei um einen plumpen Versuch, mittels Aneignung scheinbar  partizipativer und moderner Methoden Interesse für die Belange der Menschen vorzugau(c)keln. Mitsprache, Mitbestimmung und basisdemokratische, konsensorientierte Beteiligung ist etwas anderes“ erklärt Robert Fietzke, Mitglied der Magdeburger Linksjugend ['solid], dazu.

    Montag, 20. Februar 2012

    Bericht zum 13. und 18. Februar in Dresden

    Der größte Naziaufmarsch Europas ist Geschichte



    mehr Bilder in der Galerie: http://www.linksjugend-lsa.de/aktionen_kampagnen/berichte/#c44757
    (rf) Sie haben aufgegeben. Sie sind nicht gekommen. Sie glaubten nicht daran, angesichts von tausenden GegendemonstrantInnen und mit der Demütigung zweier blockierter Aufmärsche im Gedächtnis, einen weiteren Aufmarsch durchführen zu können.


    Zum ersten Mal seit 2004, als die Nazis zusätzlich zum Trauermarsch am 13. Februar einen Großaufmarsch am Wochenende, 14. Februar, mit über 2000 Nazis durchführten, kamen sie nicht nach Dresden. Die  erfolgreichen Blockaden der Jahre 2010 und 2011 haben bewirkt, was sie bewirken sollten: die Aufmärsche stoppen und die FaschistInnen demoralisieren. Erneut bereiteten sich über 10.000 Menschen aus allen möglichen Bundesländern sowie aus dem Ausland, darauf vor, einen möglichen Aufmarsch am 18. Februar 2012 zu blockieren, obwohl bereits Wochen vorher das Gerücht die Runde machte, die Nazis würden erstmalig davon absehen, zum 18. zu mobilisieren. Rechercheversuche skizzierten schon vor mehreren Wochen, dass deren Fokus auf dem 13. Februar, das Datum der Bombardierung Dresdens, liegen würde und keine Demonstrationsanmeldung für das darauf folgende Wochenende vorliegen wird. Das „Bündnis Dresden Nazifrei“ bat darum, zu beiden Tagen zu mobilisieren und strickte an einem Konzept für eine Großdemonstration am 18. Februar, die das sächsische Demokratieverständnis thematisieren sollte. Bis zum 18. Februar konnte niemand mit Sicherheit ausschließen, dass es sich hier um Demobilisierungsversuche seitens der Nazis handelt, die schlussendlich doch kommen würden. Doch wie bereits erwähnt: das taten sie nicht. Zunächst wollen wir aber auf den 13. Februar zurückblicken, an dem wir ebenfalls nach Dresden gefahren sind.



    13. Februar - Gegen Opfermythen und Nazis sowieso!

    Nach Bekanntwerden der Gerüchte, es würde keinen Naziaufmarsch am darauf folgenden Wochenende geben, entschlossen wir uns, auch zum 13.Februar zu mobilisieren. Die bereits Angemeldeten entschieden sich teilweise noch um, andere  wiederum spielten mit dem Gedanken, an beiden Tagen zu fahren.


    Zunächst waren wir landesweit die Einzigen, die am 13. fahren würden, bis die Grünen sich kurzerhand ebenfalls dazu entschlossen. Die Mobilisierung lief erstaunlich gut, so dass bereits zwei Wochen vorher der Bus aufgestockt werden musste. Am Ende sprangen aber noch einige Leute ab bzw. kamen am Tag selbst nicht, so dass wir mit einem halbvollen Bus und mit viel Platz losfuhren.


    Mit einem Haltestopp in Halle erreichten wir dann pünktlich gegen 11 Uhr unser Ziel am Comeniusplatz. Hier versammelten sich die TeilnehmerInnen des Mahngangs „Täterspuren“, den das „Bündnis Dresden Nazifrei“ bereits im vergangenen Jahr durchführen wollte, was aber nicht gelang. Der Mahngang hatte zum Ziel, zu verdeutlichen, dass es sich bei Dresden, entgegen dem viel zu oft kolportierten Opfermythos, um eine Täterstadt handelt. An neun Stationen gab es Redebeiträge. Diese Stationen waren allesamt Orte von Naziverbrechen. Kurz nach der 8. Station, dem Polizeirevier, welches früher die Gestapo beherbergte, spaltete sich dann der aus ca. 3000 Menschen bestehende Demonstrationszug. Ein bis zwei „Finger“, darunter auch unserer, bogen in die Prager Straße ein. Es wurde hektisch. Das Tempo steigerte sich, die BlockadeaktivistInnen liefen. Die Polizei jedoch hielt sich zurück und unternahm keinen Versuch, die 1000-1200 Menschen aufzuhalten. So  konnten wir unwirklich ungehindert und entspannt den ersten Blockadepunkt am World Trade Center, Freiberger Straße/Ecke Ammonstraße erreichen. Diese Kreuzung lag direkt auf der Route. Allen war bewusst: würden wir diesen Punkt halten können, wäre der Fackelmarsch der Nazis schon mal um mehr als die Hälfte der Wegstrecke eingekürzt. 

    Wenig später wurde dann verkündet, dass Sabine Leidig, MdB für DIE LINKE, eine Kundgebung bis 21 Uhr angemeldet hätte. Jubel brandete auf. Weitere Gruppen und Züge von Menschen stießen zum Platz vor, die Menge wurde immer größer. Irgendwann meldeten die SprecherInnen ca. 3000 Personen auf der Kreuzung. Es wurden Lautwagen heran gefahren, aus denen schnelle Drum&Bass- und Elektro-Rhythmen erklangen. Es gab Tee, Suppe und immer wieder wichtige Infos über die derzeitige Lage in der Stadt. Während sich die Polizei erstaunlich deeskalativ zurück hielt und keinerlei Anzeichen erkennen ließ, die Blockade zu räumen, spalteten sich bis zu 500 Menschen ab, um eine Blockade auf dem Sternplatz zu errichten, da die Naziroute mittlerweile dorthin umgeleitet wurde.

    In der Zwischenzeit versammelten sich 13.000 DresdnerInnen zur Menschenkette. Diese endete nach etwa acht Minuten. Über 3000 Menschen machten sich von dort auf den Weg zum Sternplatz und unterstützten die dortige Blockade! Hier war auch erstmalig Protest in Sicht- und Hörweite möglich. Auch an diesem Punkt wurde eine Kundgebung angemeldet. Alles blieb friedlich. An zwei weiteren Punkten gab es weitere erfolgreiche Blockaden.

    Gegen 19 Uhr wurde es dann doch noch einmal hitzig, als sich mehrere Menschen von der Blockade in der Freiberger Straße lösten, um in die Region südlich der Bahngleise zu gelangen. Den Nazis sollte ein weiterer Zugang versperrt werden. Der Durchbruchversuch gelang. PolizistInnen traten nach, in Rücken und Kniekehlen, setzten massiv Pfefferspray ein. Auch einige von uns hatte es erwischt. Sie wurden aber sofortig und adäquat von den Demosanis behandelt.

    Inzwischen war ein noch größerer Lautwagen aufgefahren, auf dem tatsächlich eine Live-Band spielte. Ein Ensemble mit vielen klassischen Instrumenten, Trompete, Kontrabass, Geige und mehr, brachte die Menge zum Toben. Balkan- und Ska-ähnliche Rhythmen ließen selbst PolizistInnenbeine im Takt mitschwingen. Irgendwann gab es dann die Durchsage, dass die Nazis bereits auf dem Rückweg zum Hauptbahnhof seien. Wie später zu lesen war, konnten sie lächerliche 1000 Meter und effektiv 30 Minuten laufen. Ihre angemeldete Route wurde auf weniger als ein Fünftel begrenzt. Es ist selten, dass am 13. Februar so dermaßen effektiv blockiert werden konnte. Die Mobilisierung von außerhalb war stärker, als jemals zuvor. Insgesamt befanden sich zwischen 6000-8000 BlockadeaktivistInnen in der Stadt. Die Kombination aus Mahngang „Täterspuren“ mit einer sehr denkwürdigen, beeindruckenden inhaltlichen Komponente und der Blockadesituation in der Stadt war äußerst gut gelungen. Zwar konnten die 1600-2000 Nazis laufen, Spaß gemacht oder aus ihrer Sicht „würdig“ war das allerdings nicht, wie noch am Abend in einschlägigen Naziforen wie Thiazi zu lesen war:

    „Wir haben das letzte große Ereignis verloren, für mich zerschlägt sich gerade eine der letzten Perspektiven. Wie soll es weitergehen? Der Ausblick nur noch Sauf- und Szeneveranstaltungen eines abgeschotteten kleinen Subkultur zu haben, ist zum Kotzen.“

    Nächstes Jahr machen wir den 13. Februar dann unmissverständlich zunichte: gegen Geschichtsrevisionismus, Opfermythen und faschistische Kackscheiße - nie wieder Deutschland!



    18. Februar – Gegen Nazis, für einen antifaschistischen Konsens


    Selten hat es in diesem Land eine größere antifaschistische Demonstration gegeben, als diese. 10.000 Menschen versammelten sich gegen 12 Uhr am Dresdner Hauptbahnhof, um gegen die sogenannten „Sächsischen Verhältnisse“ auf die Straße zu gehen. In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Kriminalisierungs- und Delegitimierungsversuche seitens der sächsischen Behörden. Verfahren gegen friedliche BlockiererInnen, Strafverfolgung gegen AntifaschistInnen, teilweise nach Anzeigen von NPD und Nazis (!), Aufhebungen der Immunitäten von LINKE-PolitikerInnen wie André Hahn, Willy van Ooyen, Janine Wissler und zuletzt Caren Lay und Michael Leutert und eine Funkzellenabfrage, die unter dem Namen „Dresdner Handygate“ in die Geschichte eingegangen ist, sind die unmittelbaren Gründe für diese Demonstration. Natürlich war sie auch gedacht als taktisches Mittel, sollten sich wider Erwarten doch Nazis in der Stadt treffen.

    Im Vorfeld zeichnete sich aber schon ab, dass sie an diesem Tag nicht kommen werden. Innerlich zerstritten trauten sie ihren eigenen Leuten, wie der JLO (Junge Landsmannschaft Ostpreußen), die die Aufmärsche in den letzten Jahren organisiert hatte, nicht über den Weg. Gerade die Blockaden im Jahr 2011, an denen auch wir beteiligt waren, versetzten der Szene einen harten Schlag. Lediglich 50 Faschos schafften es damals zu einem der Kundgebungsorte. Alle anderen standen blockierterweise in der Kälte und schoben Frust. Teilweise wurden sie direkt am Hauptbahnhof blockiert, stiegen aus, standen rum und fuhren wieder ab. Diese Demütigung setzte ein nicht geringes Frustpotential frei. So marodierten bis zu 150 Nazis in anderen Stadtteilen, griffen das alternative Wohnprojekt „Praxis“ an, völlig ungehindert, unbegleitet und gesehen (!) von der Polizei, während andere nach der Rückfahrt noch in Leipzig, Halle und Magdeburg randalieren wollten.

    Der Demonstrationszug am vergangenen Samstag maß abschnittsweise bis zu fünf Kilometer. Mehr als 30 Lautwagen brachten die Leute zum Tanzen. Wie schon am Montag, feierten die Menschen sich und ihren Erfolg. Partystimmung allenthalben. Nach 10 Kilometern endete die Demonstration dann am „Haus der Begegnung“, welches am Abend des 19. Februar 2011 von einem Team des SEK gestürmt worden ist (wir berichteten damals). Nachdem Bodo Ramelow seine Rede beendete, wurde es dann doch noch einmal hitzig. Ein Greifertrupp der Polizei befand sich idiotischerweise direkt in Mitten des Pulks, welcher dies natürlich als Provokation oder Bedrohung empfand. Niemand konnte einen Grund erkennen oder die Lage durchschauen. Es erschallten „Haut ab, haut ab“ Rufe, wenig später flogen Flaschen. Später hieß es, die Cops hätten einen Nazi aus der Menge fischen wollen, doch selbst wenn das der Fall gewesen wäre, ist dieses Manöver absolut überflüssig gewesen und lässt vermuten, dass es sich dabei um einen Provokationsversuch gehandelt haben muss, denn die Bilder des Tages waren ja viel zu friedlich.

    Pünktlich um 19 Uhr fuhr dann der letzte Sachsen-Anhalter Bus im Nord-Konvoi, der aus ca. 30 Bussen bestand, gen Magdeburg. Die anderen vier Busse aus Magdeburg und Halle hatten sich schon früher in Richtung Heimat begeben.

    Was bleibt festzuhalten?
    Die Linksjugend ['solid] Sachsen-Anhalt ist der größte Mobilisierungsfaktor in Sachsen-Anhalt. Mit insgesamt drei Bussen und über 130 MitfahrerInnen, darunter zahlreiche Mitglieder unseres Jugendverbands, können wir einen guten Erfolg für uns verbuchen. Natürlich war die gesamte Koordinierung etwas schwieriger, als in den letzten Jahren, hatten doch Magdeburg und Halle eigene Vorbereitungskreise gegründet, ganz zu schweigen von den Belastungen, die hinzu kamen durch die zusätzliche Fahrt am 13. Februar. Mit viel Unterstützung seitens der Landespartei konnten wir einen reibungslosen Ablauf an beiden Tagen gewährleisten. 

    Dresden hat gezeigt, dass Blockaden richtig und wichtig sind, dass Antifaschismus sehr wohl die Lösung ist, entgegen der Aussage von Sachsens Innenminister Ulbig. Nun ist allerdings zu befürchten, dass Magdeburg zum wichtigsten Aufmarschgebiet der Nazis wird. Hier konnten sie in den vergangenen 13 Jahren ungehindert marschieren. 2012 gab es zwar drei vereinzelte Blockaden, die allesamt aber nicht bewirken konnte, den Naziaufmarsch effektiv aufzuhalten, dazu waren es einfach zu wenig Menschen. Die AkteurInnen in Magdeburg müssen sich der Gefahr bewusst sein und bewusst werden. Auch Dresden hatte damals viele Gruppierungen, die ihr eigenes Süppchen kochten – bis es dann auf einmal bis zu 8000 Nazis waren; eine Erfahrung, die gespenstisch und unheimlich war. Spektren- und parteienübergreifend gab es ab 2010 den Konsens, den Aufmarsch blockieren zu wollen, sich das verfassungsgemäße Recht zu nehmen, Gegenprotest auszudrücken. Nun hat auch das Bundesverfassungsgericht bestätigt, dass es sich bei Blockaden um Akte der Meinungsäußerung, um Kundgebungen handelt.

    Wenn Magdeburg verhindern will, dass es zu Dresdner Ausmaßen kommt, muss bereits 2013 im Keim erstickt werden, was zu wachsen droht. Die Stadt muss ihr Verhältnis zum „Trauermarsch“ klären. Die OrganisatorInnen der „Meile der Demokratie“ müssen ggf. über neue Konzepte nachdenken und sich für andere AkteurInnen und Aktionsformen öffnen. Die verschiedenen Antifabündnisse und linken Gruppen müssen ihre internen Hürden hinter sich lassen, zu Gunsten eines antifaschistischen Konsens! Eine Konferenz, ein Gesamtbündnis nach Dresdner Vorbild, ist unausweichlich und die einzige Möglichkeit, organisatorisch der Lage Herr zu werden. Linksjugend ['solid] und Die Linke.SDS werden in den nächsten Monaten alle Anstrengungen unternehmen, diesen Bündnisprozess einzuleiten, zu gestalten und mit zu tragen. Schon 2013 soll es auch in Magdeburg heißen: Magdeburg Nazifrei – Blockieren, bis der Naziaufmarsch Geschichte ist! Doch zunächst geht der Blick nach Dessau, einer Stadt, die in den letzten Wochen und Monaten immer wieder aufgrund rassistischer Momente im Fokus stand. Hier heißt es am 25. Februar „Den rassistischen Konsens brechen – Dessauer Verhältnisse angreifen“, während der 10. März, auch an diesem Tag gibt es wieder einen „Trauermarsch“ der FaschistInnen, bereits seit Wochen rot angekreuzt im Kalender steht.

    „An allem Unfug, der passiert, sind nicht etwa nur die schuld, die ihn tun, sondern auch die, die ihn nicht verhindern.“ (Erich Kästner)