Mittwoch, 2. Dezember 2015

Pop ist politisch - Vortrag und Party am 3.12.!

Wo? Thiembuktu in der Thiemstraße13 - Magdeburg Buckau
Wann? 03.12.15 19Uhr

Nie wieder Deutschpop. 

Auch wenn es die Fans von Bands wie Frei.Wild oder den böhsen onkelz nicht wahrhaben wollen, so sind sie nicht nur Anhänger von Rotzrockbands mit fragwürdigen Einstellungen, sondern glauben an die Möglichkeiten des Unmöglichen: an unpolitische Popmusik. Denn diese lässt sich weder frei von der ökonomischen Basis, noch der sozialen Situation des Interpreten, noch der historischen Phase in der sie konsumiert wird oder wurde betrachten. So traurig die kapitalistische Realität hinter der schillernden Popfassade klingen mag, die Wahrheit ist: Produkte der Kulturindustrie wollen unsere Gefühle ansprechen und unsere Bedürfnisse erfüllen, dass wir sie konsumieren und uns vom und für den Arbeitsalltag zu erholen.


„Adorno hatte Recht: die Welt ist schlecht!“ und selbige Aussagen lassen sich auch über die Realität der Popkultur sagen. Die Diktatur der Angepassten, in denen freiwillig auf jedwede Form von Subversion verzichtet wird beherrscht die Gegenwart des deutschen Pop. Während der großen ökonomischen Krise unbekannten Ausmaßes steht auf Platz 1 der Charts ein singender Pandabär, der mit sexistischen Stereotypen erklärt: „mach dir nie mehr Sorgen um Geld“. Die Konsument*innen dieser Musik scheinen eben genau dieses Bedürfnis beziehungsweise diese politische Forderung, bloß nichts mehr von Politik wissen zu wollen, in sich zu tragen oder um es mit Grim104 zu sagen: „kurz vor dem Kollaps lässt sich keiner die Laune vermiesen“.

Doch es wäre nicht Deutschland, wenn es nicht immer noch schlimmer gehen würde. Es wäre nicht Deutschland, wenn die tatsächliche Rebellion gegen den kulturindustriellen Alltag nicht eine Rebellion für noch regressiveres wäre. Und so ist die scheinbar einzige Rebellion, die sich in der Popkultur beobachten lässt – nicht nur eine systemimmanente – sondern gar eine durch und durch konformistische. Eine konformistische Rebellion von Musikern wie Frei.Wild, den böhsen onkelz oder Xavier Naidoo. Eine Rebellion die hinter die individualistischen Errungenschaften des Reeducationprogramm Pop zurückfallen will.

Als das wohl effizienteste Reeducation Programm im Zuge der ersten globalisierten Jugendkultur endgültig die deutsche Jugend in seinen Bann zog, da tragen Welten aufeinander. Eine Elterngeneration die im Gleichschritt halb Europa in Schutt und Asche legte und Sechs Millionen Juden in den Konzentrationslagern auf grausamste Weise entmenschlichte und anschließend industriell ermordete. Und eine Generation die gepackt war vom individualistischen Glücksversprechen der amerikanischen und britischen Popkultur und lieber wilde Orgien im Schlamm und Kommunen veranstalte, als die kleinste Zelle des Faschismus am Leben zu erhalten. Der als Studierendenrevolte in die Geschichte eingegangene Generationenkonflikt, war die ideologische Schlacht zwischen popkulturellem Glücksversprechen und deutscher Ideologie.

Fünfzig Jahre später sind Xavier Naidoo, Frei.Wild und die böhse onkelz traurige Realität im deutschen Pop.Sogar waschechte Nazis sind Pop - inklusiver eigener Mode und Szenecodes. Das popkulturelle Glücksversprechen scheint im Nachhinein doch verloren zu haben gegen die deutsche Ideologie oder viel mehr noch: die deutsche Ideologie scheint mit Hilfe des popkulturellen Glücksversprechens wieder en vogue zu sein. Und so ist das, was zur Zeiten des „natural born antideutschen“ (Frank Apunkt Schneider) Reeducationprogramms undenkbar war, mittlerweile Realität.

Dieser Vortrag soll mit Hilfe von Hörbeispielen den Werdegang des Pop in Deutschland vom einstiegen Reeducationprogramm zum Soundtrack der Diktatur der Angepassten und der konformistischen Rebellion nachzeichnen und kritisch beleuchten und darlegen warum kein Frieden mit Deutschpop zu machen ist. / Der Referent produziert Musik, legt sie auf, schreibt darüber und studiert ihren kulturellen und ökonomischen Kontext.

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