In der Debatte um das Lied "Wo sind" der Rapper Xavier Naidoo und Kool Savas,
kurz "Xavas", kommt uns ein Aspekt in der medialen Aufarbeitung des
Falls bislang zu kurz: ihre latente Frauenverachtung.
In dem Song
werden Vergewaltigungen und Ritualmorde von Jungen in eine Linie mit
Homosexualität gestellt, indem als sozusagen "probate Alternative" dazu,
der Verkehr mit Frauen nahegelegt wird. Diese biologistische
Argumentationsweise diskreditiert nicht nur schwule und lesbische
Beziehungen an sich, sondern lässt auch ein bedenkliches Bild von Frauen
erahnen, die nicht länger als integre und selbstbestimmte Personen,
sondern als objektifizierte Triebabfuhrmittel "genutzt" werden können.
Sexismus pur, der sich nicht zuletzt in der Wahl der Wörter
niederschlägt, die Frauen nicht als solche, sondern nur als Pars pro
toto, als (Körper-)Teil des eigentlichen Ganzen, abwertend bezeichnen.
Dass sich
die mediale Bericherstattung auf den Vorwurf der
Homosexuellenfeindlichkeit stürzt und stützt, ist richtig. Dass die
Frauenverachtung allerdings in bisher nahezu keinem Artikel erwähnt
wird, ist erschreckend. Dabei spazieren in "Wo sind" Homophobie und
Frauenverachtung in trauter Zweisamkeit und Hand in Hand durch den
deutschen Hip-Hop, was das Feuilleton offenbar nicht erkennt oder
geflissentlich unter den Tisch fallen lässt. Egal wie - beides ist
erschreckend, entlarvt es doch erneut, wie normal diese Zustände sind
und wie selbstverständlich mit ihnen umgegangen wird. So wird wieder
nicht die Möglichkeit ergriffen, auf Aspekte der allgegenwärtigen
Unwertschätzung hinzuweisen, um damit bestehende Phobien und Ismen im
Rap, wie auch im Rest der Gesellschaft sichtbar zu machen. Stattdessen
wird nur von einem konkreten Fall, von einem konreten Vorwurf berichtet,
ohne ihn in den Gesamtkontext einzuarbeiten.
Insofern
kann die Anzeige der Linksjugend ['solid] bei der Mannheimer
Staatsanwaltschaft nur als Auftakt begriffen werden, der in erster Linie auf- und wachrrütteln soll, um sich konsequenter mit
menschenverachtender Musik auseinanderzusetzen. Wir halten es mit den Worten des Berliner Rappers Tapete: Ȁnder dein Vokabular, du spielst
ihnen auch schon mit nur verbalem Homohass zu. Warst du mal echt
verliebt und dachtest das sei großes Liebe? Da gibt es
Gleichgeschlechtlich einfach keine Unterschiede.«
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