Ein Bericht
Magdeburg ist fit. Mehr als 10.000 Menschen protestierten am vergangenen Samstag auf vielfältigste Art und Weise gegen den Naziaufmarsch der geschichtsverfälschenden Initiative „Gegen das Vergessen“. Die mittlerweile vierte Meile der Demokratie lockte mehr Menschen in die Innenstadt, als jemals zuvor. So konnte erneut verhindert werden, dass die Nazis direkt durch die Innenstadt laufen und die zentrale Magistrale Breiter Weg besudeln.
Der Jugendverband Linksjugend ['solid] konzentrierte sich im Vorfeld aber auf andere Dinge als die Meile. Zwar waren wir dort mit einem hervorragend frequentierten Info-Stand vertreten, an dem unser Infomaterial wie warme Semmeln wegging und viele gute Gespräche geführt werden konnten, doch eingedenk dessen, dass die „Meile“ sich geografisch zu weit entfernt von der Naziroute befand, lag der Fokus eindeutig auf Blockadeversuchen. Antifaschistischer Protest muss auch in Hör- und Sichtweite möglich sein.
Mit einer stark gestiegenen Anzahl an GenossInnen – wir hatten zum ersten Mal mit eigenem Material und bundesweit mobilisiert, wenngleich auch erst recht spät – machten wir uns am frühen Morgen auf den Weg. Begleitet von einer recht guten Informationsstruktur begaben sich einige GenossInnen zunächst zur Synagoge am Neustädter Bahnhof. Dort versammelten sich ab 10 Uhr ca. 400 Menschen, die mit dem Zug angereiste Nazis lautstark „begrüßten“. Die Tatsache, dass der zuvor präferierte Nazi-Ausstiegspunkt nur wenige Meter von der jüdischen Gemeinde entfernt ist, die an diesem Wochenende ihren Sabbat beging, war ein gewichtiger Grund, die Synagoge zivilgesellschaftlich zu schützen. Auch Polit-Prominenz, wie Gesine Lötzsch (LINKE) oder Claudia Roth (Grüne), unterstützte die Mahnwache mit Anwesenheit und Redebeiträgen. DIE LINKE war ohnehin stark vertreten. Neben dem Landesvorsitzenden Matthias Höhn und dem Fraktionsvorsitzenden im Landtag, Wulf Gallert, fanden sich ca. 40-50 GenossInnen dort ein.
Kurz nach 12 wurde es dann hitzig, als einige AntifaschistInnen versuchten, auf die Route zu gelangen. Die Polizei reagierte schnell und hart, setzte Knüppel und Pfefferspray ein. Im Anschluss wurden die MahnwachenteilnehmerInnen gekesselt. Nicht einmal ein Abfluss wurde ermöglicht. Es befanden sich zahlreiche Familien und Kindern in dem Pulk. Umso unverständlicher war es angesichts dieser Situation, dass die eben noch so tapfer gegen Neonazis anredende Claudia Roth nun sich selbst dank Bundestagsausweis aus der wartenden Menge entfernte und die verblüfften DemokratInnen ohne eines weiteren Blickes oder Kommentares im Kessel zurückließ. Ein Demonstrant rief ihr nur noch "Und dafür hab ich Grün gewählt?!" hinterher.
Kurz nach 12 wurde es dann hitzig, als einige AntifaschistInnen versuchten, auf die Route zu gelangen. Die Polizei reagierte schnell und hart, setzte Knüppel und Pfefferspray ein. Im Anschluss wurden die MahnwachenteilnehmerInnen gekesselt. Nicht einmal ein Abfluss wurde ermöglicht. Es befanden sich zahlreiche Familien und Kindern in dem Pulk. Umso unverständlicher war es angesichts dieser Situation, dass die eben noch so tapfer gegen Neonazis anredende Claudia Roth nun sich selbst dank Bundestagsausweis aus der wartenden Menge entfernte und die verblüfften DemokratInnen ohne eines weiteren Blickes oder Kommentares im Kessel zurückließ. Ein Demonstrant rief ihr nur noch "Und dafür hab ich Grün gewählt?!" hinterher.
Blockade am Campustower [Foto: Marianne Günther] |
AktivistInnen erwarten Naziaufmarsch am Uni-Tower [Foto: Marianne Günther] |
Als die Nazis dann ihre widerliche Rumheul-Kundgebung an der Oberfinanzdirektion durchführten, rief das Blockadebündnis zu einer Antifa-Spontandemo auf. Wir stellten uns die Frage, warum dies just zu dem Zeitpunkt geschehen müsse, wo es wichtig wäre, auch den Rückweg der Nazis lautstark zu begleiten. Wo zuvor noch 700 Menschen waren, versammelten sich nun lediglich 30 – wir. Wie auf dem Präsentierteller setzten wir dennoch einiges entgegen. Lustigerweise meinte die Polizei, von uns gehe ein Gefahrenpotential aus und fuhr den Wasserwerfer auf. Sie machte den ganzen Tag über einen sehr nervösen Eindruck.
Einen unrühmlichen Abschluss des Tages bildete ein Polizeieinsatz in Magdeburg-Stadtfeld. Die Polizei eskortierte wohl TeilnehmerInnen der Spontandemo zum dortigen Infoladen in der Puschkin-Straße, vor dessen Haustür es zu heftigen Auseinandersetzungen kam. Der genaue Hergang ist weitestgehend verworren: Die Polizei spricht von versuchtem Totschlag mit einer Betonplatte, BewohnerInnen des Projektes weisen dies zurück und sprechen von einem Versuch der Polizei eine Legitimation für die versuchte Erstürmung des Hauses zu finden. Irgendwie erinnert das ganze Szenario an die illegale Erstürmung des "Roten Baumes" in Dresden nach den erfolgreichen Blockaden dort im letzten Jahr - was genau passierte, können wir mangels Zeugen auch nicht sagen.
Was bleibt nach dem 14. Januar?
Das Polizeikonzept sah vor, die gesamte Route mit doppelt gezogenen Hamburger Gittern abzusperren. Überall standen Polizeiblockaden. Hubschrauber wurden eingesetzt. Räumpanzer waren in ständiger Bereitschaft. Trotz hermetischer Abriegelung und 2000 PolizistInnen aus sieben Bundesländern schafften es einige AktivistInnen, erfolgreiche Blockaden zu setzen. Angesichts der schwierigen Situation ist das ein großer Erfolg. Aus unserer Sicht ist der Tag ein klares Signal an die Nazis: ihr werdet es hier in den nächsten nicht einfacher haben, im Gegenteil! Eine deutlich verstärkte Mobilisierung, eine größere Meile, die beeindruckende Vielzahl an Aktionen und eine spürbar gestiegene Bedeutung Magdeburgs an diesem Tag (tagesschau, heute Journal etc. berichteten) bestätigen die Einschätzung, dass wir es hier durchaus mit einem Erfolg zu tun haben.
Aber jetzt kommt das aber. Die Nazis konnten dennoch marschieren, wenngleich nun nicht mehr von einem ungehinderten Aufmarsch die Rede sein kann. In den nächsten Jahren muss das Ziel sein, unter Einbeziehung aller antifaschistischen Kräfte, Kreise, Gruppen und Initiativen, den Naziaufmarsch noch effektiver zu stören oder komplett zu blockieren. Die Vorbereitungen müssen solidarisch und gemeinschaftlich geschehen. Gegenseitige Verunglimpfungen "bürgerlicher" und "linskradikaler" AntifaschistInnen sind in Frage zu stellen und kontraproduktiv. Die Linksjugend ['solid] bemüht sich in den nächsten Jahren um einen Dialog. Vielleicht gelingt es uns, zu vermitteln. Wir werden uns weiterhin in allen Richtungen engagieren und sowohl das Bündnis gegen Rechts in seiner Arbeit unterstützen, als auch engen Kontakt zum antifaschistischen Blockadebündnis halten. Nie wieder sollen Menschen in Deutschland Angst vor Nazi-Terror haben müssen. Nie wieder sollen Faschisten fruchtbaren Boden betreten. Faschismus ist das Gegenteil von Menschlichkeit.
Brennende Mülltonnen auf Uni-Gelände [Foto: Marianne Günther] |
"Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel." [aus dem Schwur von Buchenwald]
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