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| Ken Jebsen auf einer Friedensdemo. Bild: JamesReaFotos/flickr. | 
Es folgt ein Text eines Mitglieds unserer Gruppe, der am 01. Juni 2014 auf critica-online, der Seite des Magazin des Studierendenverbandes Die Linke.SDS, erschienen ist.
Alles, was sich bewegt, ist gut? Mitnichten. Die 
„Friedensbewegung 2014“ stellt die politische Linke vor große 
Herausforderungen. Sie offenbart zum einen, dass es viele Menschen gibt,
 die aus einem echten friedenspolitischen Interesse auf die Straße 
gehen, zeitigt aber zum anderen inhaltlich äußerst vermintes Terrain. 
Wenn Lars Mährholz, Organisator der neuen „Montagsdemos“ in Berlin, 
meint, alle Kriege in den letzten 100 Jahren seien von der FED 
verschuldet worden, dann relativiert er damit die Verbrechen 
Nazideutschlands und die deutsche Kriegsschuld. Wenn Ralf Schurig, 
ebenfalls im Berliner Organisationskreis tätig, Sätze sagt wie „auch die
 Juden haben einen Holocaust betrieben und an einer geschichtlichen 
Aufarbeitung sind die Zionisten aus gutem Grund nicht interessiert“, 
dann ist diese „Bewegung“ nicht nur mit Vorsicht zu genießen, sondern 
dann ist hier kritische Intervention erforderlich. Umso mehr ist das der
 Fall, wenn die Stars der rechtsaffinen Verschwörungscommunity auf den 
Plan treten: Ken Jebsen, Andreas Popp und Jürgen Elsässer sind die 
Stichwortgeber schlechthin.
Querfrontstrategen unter sich
Ken Jebsen, das fleischgewordene Schwert der 
Demagogie, ist bekannt für seine antisemitischen Ansichten, aber auch 
für rhetorisches Geschick. Um seine Person und seinen 
„Nachrichten“-Kanal KenFM hat sich ein regelrechter Kult entwickelt. 
Jebsen kollaboriert inhaltlich mit dem deutschen 
Querfrontstrategen Jürgen Elsässer. Dieser betreibt das 
verschwörungsideologisch-reaktionäre COMPACT-Magazin, das auch bei den 
sogenannten „Wahnmachen“, einer Schmähvariante des Wortes "Mahnwache", 
verteilt wird. COMPACT veranstaltete im November 2013 eine 
„Souveränitäts-Konferenz für die Zukunft der Familie“ in Leipzig, an der
 neben Sarrazin und Eva Hermann auch Elena Misulina, die Erfinderin des 
russischen „Homopropaganda-Gesetzes“, teilnahm. Moderiert wurde die 
Veranstaltung vom Chefredakteur persönlich. Diese Konferenz kann als 
bisher ambitioniertester Versuch, eine homophobe Massenbewegung nach 
französischem Vorbild aufzubauen, gesehen werden. So kommt es nicht von 
ungefähr, dass Elsässer ganz offen für die 
rechtspopulistisch-nationalneoliberale „Alternative für Deutschland 
(AfD)“ wirbt, die ein ähnlich reaktionäres Familienbild propagiert.
Popp hingegen, der dritte Montagsquerfront-Promi, 
ist eher bekannt für die strukturell-antisemitische Kritik des 
„Zinseszins-Schulden-Geldsystems“, die er vor allem bei Vorträgen oder 
auf seiner viel besuchten Webseite zum
 Besten gibt. Seine Inspirationsquelle, auf die er sich stets positiv 
bezieht, ist der Nationalsozialist Gottfried Feder, der die Kritik an 
der „Zinsknechtschaft“ durch das „Weltfinanzjudentum“ ins 
NSDAP-Parteiprogramm schrieb, wofür ihm größte Führer-Ehre zu Teil 
wurde: Hitler dankte ihm höchstpersönlich. Die Einteilung in das „gute, 
schaffende Industriekapital“ und das „böse, raffende Finanzkapital“ 
durchzieht Popps „Lehren“ wie ein brauner Faden. Braun ist auch seine 
Vorliebe für die antisemitisch-verschwörungsideologische „Germanische 
Neue Medizin“.
Mit Menschenfeinden Frieden schmieden?
Ich kann großes Verständnis dafür aufbringen, 
Bewegungen von links zu politisieren. Linke müssen sich aber zuallererst
 fragen, mit welchen Leuten sie hier gemeinsame Sache machen würden, 
würden sie sich aktiv einmischen. Die selbsternannte „Friedensbewegung 
2014“ ist schon im Ansatz so gefährlich und kritisch, dass eigentlich 
nur noch die Intervention von Außen bleibt, so wie sie bereits in vielen
 Städten praktiziert wird. Diese Intervention sollte zunächst rein 
inhaltlicher Natur sein, nicht anklagend, die richtigen Fragen stellend 
und von niedrigschwelliger Kommunikation begleitet. Wenn sich erreichen 
lässt, dass die jeweiligen Organisationskreise in den Städten zu einem 
klaren und ernstgemeinten Bekenntnis gegen Faschismus, Rassismus und 
Menschenfeindlichkeit bereit sind, ist schon viel geschafft. Dann 
bleiben auch die Nazis zu Hause.
Verschwörungsideologisches Denken, verkürzte 
Zirkelschlüsse, Rassismus und Antisemitismus sind dann bei einem 
Großteil der BesucherInnen zwar immer noch vorhanden Aber diese 
Denkmuster sind dekonstruierbar, wenn man sie als Spiegelbild der in der
 „Mitte der Gesellschaft“ vorhandenen Einstellungsmuster akzeptiert. 
Letztendlich sollten Linke darauf hinarbeiten, dass sich die Erkenntnis 
durchsetzt, dass mit Nationalismus und Rassismus nicht nur niemals 
Frieden zu machen ist, sondern dass sie die zentralen Ursachen für 
Kriege aller Couleur darstellen. Politische Bildung und Aufklärung als 
„einzig legitime Gewaltmittel im alltäglichen Kampf“ sind also mal 
wieder angebracht. Das hätte Rosa Luxemburg wahrscheinlich auch so 
gesehen.
Info: Der Debattenbeitrag spiegelt die Meinung 
des Autors wider. Du bist anderer Meinung? Dann schreib uns: 
info@critica-online.de

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