Am vorgestrigen Donnerstag, den 28.06.2012, hatten die
Parlamentarier*innen im Bundestag auf Initiative der Grünen und der SPD
die Möglichkeit, darüber abzustimmen, ob die Ehe endlich für
gleichgeschlechtliche Paare geöffnet werden oder man weiter an dem
diskriminierenden konservativen Rollen-, Familien- und Ehemodell der
50-er und 60-er Jahre festhalten soll.
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Mit
den Stimmen der CDU/CSU und der FDP wurde sowohl der Gesetzesentwurf
zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen
Geschlechts, als auch der Entschließungsantrag zur Gleichstellung der
Lebenspartnerschaft mit der Ehe in sämtlichen Rechtsbereichen abgelehnt.
Die Bundesregierung weist damit weiter sowohl präsentierte
Gesetzesvorschläge, als auch den Antrag darauf von sich, selber ein
derartiges Gesetz auszuarbeiten und muss sich den Vorwurf gefallen
lassen, tradierte Partnerschaftsmodelle über die Gleichbehandlung aller
Paare zu stellen.
Durch die Schaffung der Lebenspartnerschaft haben gleichgeschlechtliche Paare in Deutschland bereits die gleichen Pflichten wie Eheleute, aber nicht die gleichen Rechte erhalten. So ist es beispielsweise eingetragenen Lebenspartner*innen verwehrt, gemeinsam ein Kind zu adoptieren, oder das sogenannte Ehegattensplitting zu nutzen.
»Für
Liberale sind alle Lebensgemeinschaften wertvoll, in denen Menschen
Verantwortung füreinander übernehmen«, heißt es vollmundig im
Parteiprogramm der FDP. Schade nur, dass dieser Umstand den Liberalen
bei der gestrigen Abstimmung scheinbar entfallen sein muss, als sie sich
mit 85 Stimmen gegen beide Anträge stellten. Obwohl
Verantwortungsgemeinschaften »nicht diskriminiert werden« dürfen und
»gleiche Rechte« »gleiche Pflichten« verdienen, vergaßen die
Freidemokraten in einem Akt geistiger Umnachtung einen weiteren
zentralen Satz ihres Parteiprogramms: »Lebenspartnerschaften müssen mit
der Ehe gleichgestellt werden, insbesondere im Steuerrecht, bei
Adoptionen und im Beamtenrecht.« Peinlich - war doch genau das die
Intention der eingebrachten Vorschläge, die sie ablehnten.
Auch
der Koalitionspartner, die Union aus CDU und CSU, hat sich im
Koalitionsvertrag darauf geeinigt »gleichheitswidrige Benachteiligungen
im Steuerrecht« abzubauen, votierte aber dennoch mit 224 Stimmen gegen
die eingebrachten Anträge. Sie verwehrt sich, dagegen »das Institut der
eingetragenen Lebenspartnerschaft mit der Ehe vollständig
gleichzustellen« und beharrt darauf, dass lediglich
verschiedengeschlechtliche Paare den Bund der Ehe mit all seinen
Vorteilen eingehen dürfen. Ohne das homophobe Beharren auf Reproduktion
als Ursächlichkeit der Ehe sei die Öffnung mit der CDU/CSU »nicht zu
machen«.
Dabei
sieht die Mehrheit der Gesellschaft die willkürliche Trennung zwischen
Lebenspartnerschaft und Ehe kritisch. In einer Studie der Friedrich
Ebert Stiftung stimmten 60,3% der Befragten »voll und ganz« und »eher«
dem Satz »Es ist eine gute Sache, Ehen zwischen zwei Frauen bzw. zwei
Männern zu erlauben« zu und zeigen damit nicht zuletzt eine geänderte
Akzeptanz homosexueller Partnerschaften und deren rechlicher
Gleichbehandlung in den letzten Jahren auf.
Mit
59 Ja-Stimmen, 5 Enthaltungen und 12 nicht abgegebenen Stimmen machte
auch DIE LINKE keine wirklich gute Figur. Im Vorfeld wurde
bekanntgegeben, dass sich einige Parlamentarier und Parlamentarierinnen
der Abstimmung enthalten würden, da man generell gegen eine
Institutionalisierung mit einhergehender Priviligierung von
Partnerschaften und gegen das Ehegattensplitting im Besonderen sei. Doch
obgleich man sich über Sinn und Zweck beispielsweise des
Ehegattensplittings unterhalten und streiten kann, muss diese Begründung
wie Hohn in den Ohren der Betroffenen klingen. »Statt einer wichtigen
Gesetzesänderung zuzustimmen, die Benachteiligung im Hier und Jetzt
abschafft und sofort ein Stück weit Gleichbehandlung herstellt,
enthalten sich die fünf Genossen. Ich kritisiere das aufs Schärfste,
denn pragmatische und konkrete Verbesserungen sind übergeordneten
Zielen, wie der Abschaffung aller Eheprivilegien, immer vorzuziehen. Man
muss doch mal an die Außenwirkung von "Schwänzen" und Enthaltungen
denken!«, gibt Michaela Duwelt, Aktivistin in der Magdeburger
Hochschulgruppe des SDS.Die Linke, zu bedenken.
Es
wäre Zeit gewesen, die entsprechenden Gesetze in die Hand zu nehmen und
zu entstauben, doch die regierenden Parteien sind ob des Koalitonsfriedens dazu nicht im Stande. Die FDP hat ihre Wähler*innen
mit dieser Abstimmung ein weiteres Mal hintergangen, indem sie sich der
Meinung der Union gebeugt hat.
Florian
Link vom Magdeburger Stadtverband der Linksjugend ['solid] erklärt
dazu: »Für uns bleibt festzuhalten, dass homosexuelle Paare weder Segen
noch Fluch sind, sondern ganz einfach sich liebende Partner*innen, die
eine Familie bilden (wollen). Entgegen des konservativ-liberalen und
biologistischen Eheverständnisses sollten alle Paare, ob hetero- oder
homosexuell, ob kinderlos oder nicht, gleichbehandelt werden. Das ist
ein Gebot der Gerechtigkeit. Die Fortdauer der Ungleichbehandlung ist
inakzeptabel.«
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