Ken Jebsen auf einer Friedensdemo. Bild: JamesReaFotos/flickr. |
Alles, was sich bewegt, ist gut? Mitnichten. Die
„Friedensbewegung 2014“ stellt die politische Linke vor große
Herausforderungen. Sie offenbart zum einen, dass es viele Menschen gibt,
die aus einem echten friedenspolitischen Interesse auf die Straße
gehen, zeitigt aber zum anderen inhaltlich äußerst vermintes Terrain.
Wenn Lars Mährholz, Organisator der neuen „Montagsdemos“ in Berlin,
meint, alle Kriege in den letzten 100 Jahren seien von der FED
verschuldet worden, dann relativiert er damit die Verbrechen
Nazideutschlands und die deutsche Kriegsschuld. Wenn Ralf Schurig,
ebenfalls im Berliner Organisationskreis tätig, Sätze sagt wie „auch die
Juden haben einen Holocaust betrieben und an einer geschichtlichen
Aufarbeitung sind die Zionisten aus gutem Grund nicht interessiert“,
dann ist diese „Bewegung“ nicht nur mit Vorsicht zu genießen, sondern
dann ist hier kritische Intervention erforderlich. Umso mehr ist das der
Fall, wenn die Stars der rechtsaffinen Verschwörungscommunity auf den
Plan treten: Ken Jebsen, Andreas Popp und Jürgen Elsässer sind die
Stichwortgeber schlechthin.
Querfrontstrategen unter sich
Ken Jebsen, das fleischgewordene Schwert der
Demagogie, ist bekannt für seine antisemitischen Ansichten, aber auch
für rhetorisches Geschick. Um seine Person und seinen
„Nachrichten“-Kanal KenFM hat sich ein regelrechter Kult entwickelt.
Jebsen kollaboriert inhaltlich mit dem deutschen
Querfrontstrategen Jürgen Elsässer. Dieser betreibt das
verschwörungsideologisch-reaktionäre COMPACT-Magazin, das auch bei den
sogenannten „Wahnmachen“, einer Schmähvariante des Wortes "Mahnwache",
verteilt wird. COMPACT veranstaltete im November 2013 eine
„Souveränitäts-Konferenz für die Zukunft der Familie“ in Leipzig, an der
neben Sarrazin und Eva Hermann auch Elena Misulina, die Erfinderin des
russischen „Homopropaganda-Gesetzes“, teilnahm. Moderiert wurde die
Veranstaltung vom Chefredakteur persönlich. Diese Konferenz kann als
bisher ambitioniertester Versuch, eine homophobe Massenbewegung nach
französischem Vorbild aufzubauen, gesehen werden. So kommt es nicht von
ungefähr, dass Elsässer ganz offen für die
rechtspopulistisch-nationalneoliberale „Alternative für Deutschland
(AfD)“ wirbt, die ein ähnlich reaktionäres Familienbild propagiert.
Popp hingegen, der dritte Montagsquerfront-Promi,
ist eher bekannt für die strukturell-antisemitische Kritik des
„Zinseszins-Schulden-Geldsystems“, die er vor allem bei Vorträgen oder
auf seiner viel besuchten Webseite zum
Besten gibt. Seine Inspirationsquelle, auf die er sich stets positiv
bezieht, ist der Nationalsozialist Gottfried Feder, der die Kritik an
der „Zinsknechtschaft“ durch das „Weltfinanzjudentum“ ins
NSDAP-Parteiprogramm schrieb, wofür ihm größte Führer-Ehre zu Teil
wurde: Hitler dankte ihm höchstpersönlich. Die Einteilung in das „gute,
schaffende Industriekapital“ und das „böse, raffende Finanzkapital“
durchzieht Popps „Lehren“ wie ein brauner Faden. Braun ist auch seine
Vorliebe für die antisemitisch-verschwörungsideologische „Germanische
Neue Medizin“.
Mit Menschenfeinden Frieden schmieden?
Ich kann großes Verständnis dafür aufbringen,
Bewegungen von links zu politisieren. Linke müssen sich aber zuallererst
fragen, mit welchen Leuten sie hier gemeinsame Sache machen würden,
würden sie sich aktiv einmischen. Die selbsternannte „Friedensbewegung
2014“ ist schon im Ansatz so gefährlich und kritisch, dass eigentlich
nur noch die Intervention von Außen bleibt, so wie sie bereits in vielen
Städten praktiziert wird. Diese Intervention sollte zunächst rein
inhaltlicher Natur sein, nicht anklagend, die richtigen Fragen stellend
und von niedrigschwelliger Kommunikation begleitet. Wenn sich erreichen
lässt, dass die jeweiligen Organisationskreise in den Städten zu einem
klaren und ernstgemeinten Bekenntnis gegen Faschismus, Rassismus und
Menschenfeindlichkeit bereit sind, ist schon viel geschafft. Dann
bleiben auch die Nazis zu Hause.
Verschwörungsideologisches Denken, verkürzte
Zirkelschlüsse, Rassismus und Antisemitismus sind dann bei einem
Großteil der BesucherInnen zwar immer noch vorhanden Aber diese
Denkmuster sind dekonstruierbar, wenn man sie als Spiegelbild der in der
„Mitte der Gesellschaft“ vorhandenen Einstellungsmuster akzeptiert.
Letztendlich sollten Linke darauf hinarbeiten, dass sich die Erkenntnis
durchsetzt, dass mit Nationalismus und Rassismus nicht nur niemals
Frieden zu machen ist, sondern dass sie die zentralen Ursachen für
Kriege aller Couleur darstellen. Politische Bildung und Aufklärung als
„einzig legitime Gewaltmittel im alltäglichen Kampf“ sind also mal
wieder angebracht. Das hätte Rosa Luxemburg wahrscheinlich auch so
gesehen.
Info: Der Debattenbeitrag spiegelt die Meinung
des Autors wider. Du bist anderer Meinung? Dann schreib uns:
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