Donnerstag, 22. August 2013

In den Mund gelegt

Schreibt vor lauter Angst vor "Flüchtlingswellen" viel Mist: die Volksstimme
SACHSEN-ANHALT BIETET MEHR FLÜCHTLINGEN SCHUTZ ALS IM VORJAHR [1]

Magdeburg l Der Bürgerkrieg in Syrien, blutige Anschlagsserien im Irak und ethnische Konflikte zwingen immer mehr Menschen zur Flucht. Nicht zuletzt deutsche Waffenexporte in die Krisengebiete der Welt sowie die anhaltend katastrophale Außen- und Entwicklungspolitik der Bundesregierung sind für diesen Trend mitverantwortlich. Das teilte das Innenministerium auf Volksstimme-Anfrage mit.



Obwohl sich dieser Tage auch die Lage in Ägypten zusehends verschärft, werden nur unwesentlich mehr Flüchtlinge als im Vorjahr erwartet. Nach knapp 2700 Asylersuchen im Jahr 2012 rechnet die Landesregierung in diesem Jahr mit etwa 3000.

Für das Land und die Landkreise ist die Unterbringung der Flüchtlinge problemlos zu bewältigen. Nach Auskunft des Innenministeriums gibt es derzeit zwar nur Kapazitäten für insgesamt 3000 Menschen, von denen bereits im Juni 2780 belegt waren. Engpässe wären jedoch nicht zu befürchten, versichert Rüdiger Erben, innenpolitischer Sprecher der SPD.

"Dass derzeit nur 3000 Unterkunftsplätze vorgehalten werden, ist einer krassen Fehlplanung zu verdanken. Dafür bitte ich im Namen der Landesregierung um Entschuldigung. Wir wissen schließlich nicht erst seit gestern, dass das auf Dauer hinten und vorne nicht reicht."

Erben ergänzt selbstkritisch: "Von den reinen Zahlen abgesehen - auch die Bedingungen, unter denen Flüchtlinge hier leben müssen, sind einfach indiskutabel. Diese Menschen sind aus Angst um das nackte Überleben aus ihrer Heimat geflohen. Und wir stecken sie hier in vergammelte Bauruinen, die fast ausnahmslos noch aus DDR-Zeiten stammen. Das kann und darf so nicht weitergehen!"

Schon jetzt gibt es Erben zufolge Kapazitätsprobleme bei der Zentralen Aufnahmestelle in Halberstadt. Dort werden alle Flüchtlinge erfasst, die der Bund dem Land Sachsen-Anhalt zugeteilt hat. "Es ist noch nicht lange her, da gab es sogar Bestrebungen, die Kapazitäten nach unten anzupassen", berichtet Erben. "Solche Ideen kann ich aus heutiger Sicht absolut nicht nachvollziehen. Wir haben doch im ganzen Land leerstehende Wohnungen - leider. Was spricht denn eigentlich dagegen, dort Flüchtlinge unterzubringen?"

Laut Erben müsste auch ein für allemal mit dem Mythos der "deutschen Willkommenskultur" aufgeräumt werden. "Ohne Bewegungsfreiheit, ohne Arbeitserlaubnis und irgendwo JWD zusammengepfercht - was für eine Chance haben diese Menschen denn überhaupt, sich zu integrieren oder selbst für ihren Lebensunterhalt zu sorgen, wie es doch allseits gefordert wird? Das ist keine Willkommenskultur, sondern institutionalisierte Fremdenfeindlichkeit."

Grüne und Linke hatten dem nichts hinzuzufügen.


[1] Der Original-Volksstimmeartikel las sich leider so: "Sachsen-Anhalt erwartet eine Flüchtlingswelle."

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