Montag, 3. September 2012

Aufruf des Bündnis Magdeburg Nazifrei für Januar 2013

Naziuffmarsch in Machdeburch – ham wa echt keen Bock druff!

Hunderte Menschen haben bereits im Januar 2012 gegen den Naziaufmarsch demonstriert. Im kommenden Jahr wollen wir einen Schritt weiter gehen. Wie in Dresden und anderen Städten bereits erfolgreich organisiert, wollen wir auch in Magdeburg den Naziaufmarsch verhindern. Wir leisten zivilen Ungehorsam und sind solidarisch mit allen, die mit uns das Ziel teilen den Aufmarsch zu verhindern. Ziviler Ungehorsam wird uns dazu dienen, die eigenen Grundrechte auszuüben. So urteilte beispielsweise das Bundesverfassungsgericht im Frühjahr 2011, dass mit der Verhinderung eines Aufmarsches von Neonazis ein darüber hinausgehender Zweck, nämlich die Kundgabe der eigenen Meinung in der Öffentlichkeit, verfolgt wird. Damit genießt auch eine solche Versammlung bzw. Aktion Grundrechtsschutz. Ziviler Ungehorsam zeichnet sich dadurch aus, dass er zivile, also friedliche Mittel, anwendet und jede Eskalation vermieden wird

Hintergrund

 Sachsen-Anhalt ist, gemessen an der Einwohnerzahl, das Bundesland mit den meisten rechten Straftaten seit Einführung der bundesweiten Statistik. Diese Straftaten haben mittlerweile mehrere Todesopfer gefordert, wovon sieben offiziell anerkannt wurden. Für die Anerkennung weiterer Todesopfer rechter Gewalt ist noch zu kämpfen.


Die Landeshauptstadt Magdeburg nimmt im Bundesland eine traurige Spitzenposition bezüglich dieser neofaschistischen und rassistischen Gewalt ein.
So sind in Magdeburg in den letzten 20 Jahren mindestens vier Menschen durch Neonazis ermordet worden: Torsten Lamprecht (1992), Farid Boukhit (1994), Frank Böttcher (1997) und Rick Langenstein (2008). Doch diese Morde sind keinesfalls "ein Problem vergangener Tage".

Neofaschisten aus Magdeburg und Sachsen-Anhalt nehmen wichtige Positionen in den Vorständen der NPD, der JN und den sogenannten "freien Kameradschaften" ein. Mittlerweile wird Sachsen-Anhalt von neuen und alten Nazis gar stolz als "Kaderschmiede" betrachtet.
Doch statt nach dem Bekanntwerden der rassistischen Mordserie des NSU und dem Totalversagen des sogenannten Verfassungsschutzes auf parlamentarischer und kommunaler Ebene Konsequenzen zu ziehen, rechte Strukturen vor Ort klar zu benennen und dagegen vorzugehen, wird weiterhin von linkem "Extremismus" fabuliert. Hingegen wird rechte Gewalt verschwiegen, verharmlost oder komplett ignoriert, weil man ihrer nicht ohne Aufwand Herr werden kann. Denn zunächst müsste man erstmal aufhören, sie als strukturelles Problem abzustreiten.

Das braune Netz


Selbst seit Verbindungen des NSU auch nach Sachsen-Anhalt bekannt wurden und trotz aller Bemühungen eines spurenverwischenden Verfassungsschutzes, können diese nicht mehr abgestritten werden und ein Umdenken in der Landespolitik blieb bisher aus. Nicht nur verharmlost man weiterhin neofaschistische Gewaltexzesse und verweigert sich dringend zu ziehender Konsequenzen, man kriminalisiert und dämonisiert auch weiterhin konsequent linke Alternativen. Dieses Umfeld bildet seit Jahren den Nährboden für die Mobilisierung der bundesdeutschen Rechten, die nach den entschiedenen Zurückweisungen der Dresdener Bürgerinnen und Bürger sowie Unterstützerinnen und Unterstützern ein neues "Aufmarschgebiet" für ihre alljährlichen "Trauermärsche" suchen. Doch waren die Anfänge, wirklich so subtil, dass man sie übersehen konnte?
Als im Jahr 1998 acht Nazis auf dem Westfriedhof zur städtischen Kranzniederlegung zum Gedenken der Opfer des Zweiten Weltkrieges auftauchten, begann sich auch in der Öffentlichkeit der drängende Aktivismus der rechten Szene in Magdeburg immer deutlicher abzuzeichen. Auch durch blinde Ignoranz der Gefahren des Politaktivismus der Neofaschisten und im Zuge voranschreitender Radikalisierung der organisierten und unorganisierten rechten Szene war es für diese einfach, sich politisch zu etablieren und sich in gewaltbereiten Zusammenschlüssen handlungsfähig aufzustellen. Seit 1999 meldet eine sogenannte "Initiative gegen das Vergessen" den Aufmarsch der Nazis im Januar an, zu dem sich seither mehr und mehr Neofaschisten in Magdeburg einfinden. Sie bedienen sich dabei der Verdrehung geschichtlicher Tatsachen, instrumentalisieren die zivilen Opfer der Bombardierung Magdeburgs vom 16. Januar 1945 und bagatellisieren die Hitler-Diktatur.

Magdeburg - eine Stadt mit Geschichte


Magdeburg war keinesfalls nur eine zivile, deutsche Großstadt, die willkürlich von alliierten Bomberverbänden in Schutt und Asche gelegt wurde. Vielmehr ist die fast vollständige Zerstörung Magdeburgs das Ergebnis des vom nationalsozialistischen Deutschland entfesselten und rücksichtslos geführten Krieges. So war Magdeburg für das NS-Regime ein wichtiger Umschlags- und Verkehrsknotenpunkt, Standort der Rüstungsproduktion (u.a. Krupp-Gruson, Polte-Werke, Maschinenfabrik Wolf) und ein Industriestandort an dem mehrere Tausend Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen in Arbeits- und KZ-Außenlagern ausgebeutet wurden. Unzählige starben bereits in den Lagern der Polte-Werke, im Lager Diana oder auf den "Todesmärschen". All dies wird bei der Umdeutung der Bombardierung des Stadtgebietes am 16. Januar 1945 ignoriert. Das Ausblenden der Opfer faschistischer Herrschaft in den Kriegsgebieten und aller Opfer weltweit ist Bestandteil der rechten Rhetorik, die nur deutsche Opfer kennt, Opferzahlen fälscht und Täter nicht benennt.


2012 marschierten bereits 1.300 Nazis durch Magdeburg und betrieben derart Geschichtsrevisionismus und neofaschistische Propaganda. Doch sind diese, mittlerweile alljährlichen Aufmärsche, nur der medienwirksame Teil des Nazi-Problems. Rassistische und neofaschistische Gewalt gehören in Sachsen-Anhalt zur harten Realität und fast täglich wird ein Übergriff registriert. Neue und alte Nazis gehören in Magdeburg zum Stadtbild und auch politisch sind die Neofaschisten in der Landeshauptstadt überaus aktiv. Zur letzten Kommunalwahl ist es der NPD gelungen, mit einem Kandidaten in das Stadtparlament einzuziehen. Der Protest der Zivilgesellschaft gegen rechts fokussiert sich auf die Situation im Januar und blendet die gewalttätigen Übergriffe und politischen Manipulationen der Rechten in der übrigen Zeit aus. Vorkommnisse mit bundesweiter Aufmerksamkeit wie im Altmarkdorf Insel (bei Stendal) sind aber typisch für die politischen Verhältnisse in Sachen-Anhalt.

Unterstützt uns und kommt am 19. Januar 2013 in unsere Stadt. Wir wollen, gemeinsam mit antifaschistischen Kräften von hier und überall, den Aufmarsch der Nazis verhindern: Wenn die marschieren, werden wir blockieren!


Quelle

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